Friday, 19 March 2021 10:20

Europe’s vaccine mess/Europas Durcheinander beim Impfen Featured

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So titelte am 16.03.2021 die NEW YORK TIMES in der Rubrik „The Morning“ von David Leonhardt. Und fuhr gleich fort: „Good morning. New coronavirus cases are declining in countries with high vaccination rates. Then there is Europe“/“Guten Morgen. Die Zahlen der Corona-Neuinfektionen sinken in jenen Staaten, die hohe Impfzahlen haben. Und dann gibt es (noch) Europa“.

Als die drei Besten werden Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Großbritannien genannt. Chile folgt inzwischen. Sogar in den USA gehen die Infektionszahlen zurück - parallel zur Steigerung der Zahl der Geimpften. Dagegen dümpeln die Impfaktionen in vielen EU-Ländern trotz steigender Infektionszahlen dahin. Sogar die Zeitung „BILD“ rief aus: „Liebe Briten , We Beneiden You!“:

Leider teilten die BILD-Journalisten ihren Lesern nicht gleichzeitig mit, wie katastrophal die britische Regierungspolitik seit Ausbruch der Pandemie ablief. Das hat Laura Kuensberg, die kritische BBC-Politikredakteurin den Briten aufgezeigt: https://www.bbc.com/news/uk-politics-56361599

Der Weckruf an die Europäer ist dringend erforderlich, da die Meldungen von Unzufriedenheit mit dem europäischen Schlammassel in einigen Ländern wie Italien, Spanien und Holland nicht zu übersehen sind. Ob der Ruf gehört wurde, als das Impfen mit dem AstraZeneca-Stoff plötzlich gestoppt wurde?

Warum verhält sich die deutsche Regierung, immerhin das geopolitische Kernland der EU, in der Impffrage so wenig pragmatisch und damit so wenig effizient, wie es wie die britische seit einigen Monaten tut?

Die Kritik an den Europäern von jenseits des Atlantiks ist berechtigt – ebenso wie die Kritik der Europäer an der Pandemie-Politik unter Präsident Trump berechtigt war.

Die Analyse der NYT nennt drei Ursachen:

Erstens: Es ist die überbordende Bürokratie („Too much bureaucracy“). Großbritannien, die USA und andere Länder beeilten sich, Verträge mit den Herstellern von Impfstoffen abzuschließen. Dagegen bemühte sich die EU-Kommission zunächst um Einigkeit zwischen allen 27 Mitgliedsländern, wie man solche Verhandlungen führen sollte. Dieser Prozess hatte Vorrang vor der Geschwindigkeit bei der Beschaffung der Impfstoffe.

Zweitens: Das Prinzip „Sparsam im Kleinen, doch verschwenderisch im Großen“ („Penny-wise and pound-foolish“). Die EU legte großen Wert darauf, in den Verhandlungen möglichst niedrige Preise für die Impfstoffe zu erzielen. Sie erreichte 15 bis 19 Dollar pro BionTech/Pfizer-Dosis und musste sich dann in der entstehenden Warteschlange hinten anstellen. Angesichts einer gewaltigen jährlichen Wirtschaftsleistung der EU wären die Ersparnisse bei den Impfstoffpreisen zu vernachlässigen gewesen, wenn man die Kosten eines einzigen neuen Lockdowns, z.B. in Italien, dagegengehalten hätte. Die Israelis zahlten, um den Stoff schnell zu bekommen, den Premium-Preis von 25 Dollar und erzielten bis jetzt eine Impfquote von 60 % (bei den erstmals Geimpften)!

Drittens: Die europäische Skepsis gegenüber dem Impfen („Europe is the world’s epicenter of vaccine skepticism“). In 19 Ländern wurden die Einwohner gefragt, ob der Covid-Impfstoff als sicher und wirksam anzusehen wäre. In China bejahten dies 89 % und in den USA 75 %. In Deutschland waren es dagegen nur 68 %, in Frankreich sogar nur 59 %. So war es kein Wunder, dass Deutschland und Frankreich so schnell den Einsatz von AstraZeneca mit dem Hinweis auf (sehr wenige, nicht genau untersuchte) Thrombose-Fälle stoppten.

Last but not least: Das „Licht am Ende des Tunnels“ – so wurde die schnelle Entwicklung von Impfstoffen und deren Nutzung bezeichnet – ist zwar noch klein in Deutschland (8,4 % bei den erstmals Geimpften), aber dort wenigstens nicht geringer geworden. Ein Beispiel für Erfolge beim Impfen sind Meldungen aus der Bundeshauptstadt. Z.B. diese aus dem eigenen Familienkreis. Mein Schwager schrieb begeistert von seiner zweiten Impfung: „Ich muss lobend erwähnen, dass es in Berlin sehr gut mit Hilfe von Militär und Studenten organisiert ist. Du wirst sogar kostenlos mit dem Taxi chauffiert, ein ganz toller Service. So hoffe ich, dass bald wieder etwas Normalität eintritt und dass man sich wieder etwas näherkommen darf.“ Es geht also doch, auch in der Hauptstadt, die so oft wegen ihrer Bürokratie kritisiert wird. Für alle EU-Mitgliedsstaaten muss jetzt – nach der erneuten Empfehlung des Impfstoffes AstraZeneca - die Devise heißen: „Nicht kleckern, sondern klotzen“: Werben für das Impfen, um Vertrauen wiederzugewinnen, und möglichst vielen Menschen den kleinen schützenden Pieks geben.

 

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