News (72)
Russland – Ukraine – Europa: Man kann getrost „Welt“ hinzufügen. Der Krieg, den Russland gegenwärtig gegen den kleinen Nachbarn führt, berührt durch seine humanitären - Tod und Vertreibung – und durch seine ökonomischen Dimensionen – Sanktionen und Energieversorgung – den ganzen Globus. Die ohnehin zerbrechliche Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit, die die Grundlage für internationale Politik sind, korrodieren infolge von falschen und widersprüchlichen Erklärungen und Verhaltensweisen der russischen Regierung. Eine Großmacht mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Spitze, versucht, mit Gewalt ihre Interessen durchzusetzen. Völkerrecht wird gebrochen. Die bitteren Lehren von zwei Weltkriegen scheinen zu Makulatur erklärt worden zu sein.
Die folgenden Notizen stammen aus mehreren Quellen und wurden auch deshalb in Englisch formuliert.
Fake news everywhere? After the disastrous and unethical policy of the American president Donald Trump we experience the unethical behaviour of a Russian president. Step by step we are learning that not only politicians in the West got false news from the Russian government. Even ordinary people in Russia got false informations about the situation in Ukraine. What was worse and still is the disinformation of Russian soldiers who were told to go to Ukraine and fight Nazism-Fascism. The truth is that Ukraine is not a Fascist state and did not start the present war. Isn’t it true that there is only one man, Vladimir Putin, who set on the fire of war because he wants to re-establish a Russian empire? Isn’t it true that ordinary people in Ukraine, children, women and men, are being killed? Isn’t it true that Russian soldiers are also dying? Isn’t it true that not only the Ukrainian but also the Russian ordinary people are or will be suffering from the war? The truth is that Russian women cannot forget and forgive that so many of their husbands and sons were killed in Afghanistan and elsewhere. So why is this war at all?
Swiss author Max Frisch and prescience: Read Ann O’Kelly’s Irish perspective of a well known story: Our Russian friend and our reaction to recent events reminded me of Max Frisch’s Biedermann und die Brandstifter (The Fireraisers), which story I remember reading in Max Frisch’s Tagebuch many years ago.
It’s very apt for today: Biedermann (Mr Everyman, Mr Citizen) allows this homeless guy to live in his attic, yes it’s a bit worrying to have this guy in the attic, but one has to be nicey-nice - and sieh da, next day the house is still standing. And then the first guy brings along a friend, who is just out of prison, and yes, imprisoned for arson, that’s worrying, but sieh da, next day the house is still standing. And then they start bringing in little barrels and they drop one and it suddenly smells like petrol. So you ask what is the petrol for? And the prison guy says he wants to burn the city down – what a joker – and he’s waiting for the wind to be in the right direction. But sieh da, next day the house is still standing, and you invite them to breakfast, and the prison guy is hanging out the window judging the wind direction and the other guy has gone to get wood chips. So you invite them to supper instead and open a few bottles of wine and they ask you for matches, but you don’t give them, you just light their cigarettes, not that wanting matches is at all suspicious. But as they leave after the third bottle and you are saying that we all should trust one another, they ask again for matches, and you give them the matches, as a real arsonist would of course have his own matches - and sieh da, next morning, you are burned to cinders and can’t even be amazed at this turn of events… 1948 that’s from and Frisch calls it a Burlesque – made it into a play later… Oh dear. Prescient…. (London, 04 March 2022)
Solidarity with Ukraine: Help where you can and show your sympathy with Ukraine. Look and hear how Western musicians declared their solidarity: https://www.youtube.com/watch?v=EDkV_vyA8wM
Port Meadows Oxford
Großreinemachen scheint die Devise in diesem Januar 2022: Das Bild zeigt eine Protestdemonstration, die sich am gestrigen 23.Januar in Port Meadows (Oxford) gegen die Verschmutzung der Themse richtete. Englands großer Fluss ist an diesem grünen Rand der Universitätsstadt normalerweise Zielort von Wanderern, von Paddlern und Ruderern. Er dient aber auch – wie in diesem im Januar - unerschrockenen Engländerinnen und Engländern dem Schwimmen in freier Natur. Nur war es vielen von ihnen zu viel geworden, den Resten menschlicher Aktivitäten im Fluss zu begegnen. Die Verschmutzung durch unkontrolliertes Einleiten von Abwässern - man kennt dies auch gelegentlich in Deutschland – tut weder den Menschen noch den Tieren in und über dem Fluss gut.
Im politischen Sinne droht ein Großreinemachen den Briten in Westminster, seitdem sich der Skandal um die Corona-Parties in Downing Street Nr. 10 ausgeweitet hat und massiver Protest bei vielen Parlamentariern und in den Medien entwickelt hat. Man denke nur an die erneute Veröffentlichung eines Fotos, das die Queen mutterseelenallein – den Corona-Restriktionen folgend - bei der Trauerfeier für ihren langjährigen Ehemann Prinz Philipp im April 2021 zeigte. Gleichzeitig feierte man am Amtssitz des britischen Premierministers lockere Feste. Die Nation war entsetzt. Boris Johnsons Ansehen als Politiker sank auf einen Tiefpunkt, und sein Verbleiben im Amt steht seitdem auf der Kippe.
Weihnachten als Fest der Nächstenliebe, aber nicht nur das der Christen. Auch nicht nur das Fest der Wohlhabenden, sondern auch der Armen, denen unsere Solidarität gelten sollte. Erst recht ist Weihnachten ein Fest der Kinder, die der Zuwendung der Erwachsenen bedürfen, aber nicht nur am Weihnachtstag!
Inmitten von neuen Wellen der Corona-Pandemie, der Klimakrise und politischen Gefahren (im Osten Europas) wandern immer noch viele Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten in Richtung Westeuropa, um Wohlstand und Sicherheit zu erlangen. Die Medien berichteten ausführlich über die sogenannten Gestrandeten an der polnischen Ostgrenze. Darunter viele Kinder und Jugendliche, die unter unmenschlichen Bedingungen eine Herberge suchen. Es ist nur ein Beispiel von vielen. Man denke nur an jene Kinder, die in den riesigen Zeltsiedlungen im Nahen und Mittleren Osten leben müssen. Auf deren Elend machte im Oktober die Theatertruppe "Handspring Puppet Company" unter dem Motto "AMAL MEETS ALICE" im Zentrum von Oxford aufmerksam. Die kleine Amal ist ein junges Flüchtlingskind in Gestalt einer riesigen Puppe. Sie trifft auf das englische Mädchen Alice, das jeder in Oxford als das Kind im Wunderland kennt. Beide wandern symbolisch gemeinsam mit ihren Erinnerungen und Hoffnungen durch die Stadt. Amal steht dabei stellvertretend für all jene Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden. Amal reist mehr als 8.000 Kilometer durch Europa - von der syrisch-türkischen Grenze bis zur englischen Stadt Manchester: Diese epische Reise "THE WALK" wurde in Form einer Prozession von Tänzerinnen und Musikern dargestellt, um die Geschichte zweier miteinander verbundenen und von einander lernenden Kindern aus verschiedenen Welten darzustellen.- Auf das realistische, millionenfache Elend der Flüchtlingskinder weist das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen hin: UNICEF . Denken wir nicht nur an unsere, der Älteren, Wünsche, sondern vor allem an die Sehnsucht der Kinder und Jugendlichen in aller Welt nach Sicherheit, Geborgenheit und Entfaltungsmöglichkeiten. Wir sind es ihnen schuldig.
Gedenken diesseits und jenseits des Ärmelkanals. Die Erinnerung an den Ersten, den Großen, Weltkrieg ist in Großbritannien stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert. Die Erinnerung an die Opfer des Zweiten Weltkriegs wird in Deutschland zusammen mit dem Gedenken an die Opfer des Holocausts wachgehalten. Einige Gedanken bei der Feier in Oxford gingen zu den Kriegstoten der Familie Henschke, die in Frankreich und England liegen.
What impressed me most was the presence and the words of the representatives of the Church of England as well as those of the Oxford Jewish Community, the Muslim, the Hindu, the Quaker and the Humanist Communities. They represented the great diversity of Oxford’s population and solemnly showed their loyalty to Great Britain and its Queen. Led by the Lord Mayor of Oxford and framed by the military they all paid their tributes to the dead and laid down their traditional wreaths of poppies on the War Memorial. At the end of the First World War the poppy was the first flower to be seen in the mud of the Western Front amidst the devastation and desolation of the landscape of Flanders. The Royal British Legion adopted it in 1929 as a symbol of remembrance, sacrifice and hope after the first Armistice Day service took place on the 11 November 1919 on the grounds of Buckingham Palace.
It has always been a moving event. This time I went there to remember in silence my father and my uncle, my godfather. But could these two German soldiers, who fought and died in France and in the air over Great Britain, be equally remembered in Oxford as in Germany? After 1919 German politicians discussed the painful outcome of the First World War and wanted to remember the dead soldiers. In 1952 the so called “Volkstrauertag” was established as the day of mourning and ever since remembers the dead of all wars and all victims of violence.
Satire und Realsatire in Vergangenheit und Gegenwart
Written by Ekkehard HenschkeDas Vergnügliche zuerst: Aus Leipzig erhielt ich gerade das Buch „Freie Spitzen“, das sowohl voller Erinnerungen des Kabarettisten Bernd-Lutz Lange als auch prall gefüllt ist mit Witzen aus der „schlechten alten Zeit“ des Sozialismus. Der Leipziger Graphiker Egbert Herfurth hat dazu die passenden, hintersinnigen Illustrationen beigesteuert. Beide wuchsen als „Kriegskinder“ auf, erlebten und notierten, wie sich das Volk „hinter dem Eisernen Vorhang“ mit bissigem Humor vom inneren Druck frei machten. Die Russen und die Polen ebenso wie die Bulgaren, Rumänen, Ungarn und die Deutschen taten es jeweils auf ihre Weise – und mussten oft genug dafür bis zum großen Umbruch um 1990 büßen. Das Buch ist sehr lesenswert, wenngleich mir oft das Lachen im Halse stecken blieb. Auch weil manche Witze dem Berliner Volksmund von heute entstammen könnten.
Eine fortlaufende Realsatire wird gegenwärtig in der Stadt an der Spree geboten, bei der sowohl die handelnden Politiker als auch die strapazierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mitwirken - und die Berliner und ihre Gäste für menschliches und strukturelles Versagen büßen müssen. Die gerade griffig wirkenden Hieb- und Stichwörter sind „Wahlpannen“ und „Flughafen“. Hier ein paar Wortmeldungen: aus dem Berliner „Tagesspiegel Checkpoint“ vom 20. Oktober 2021:
„Es gibt in Berlin so etwas wie eine kollektive Verantwortungslosigkeit.“
„Die Verwaltung ist heute schlechter aufgestellt als jede Kreissparkasse.“
„Inkompetenz gibt’s auf allen Ebenen.“ „Es geht nicht alles schief. Aber es gibt strukturelle Probleme.“
Und nun ratet mal, wer hier zitiert wurde? Es war Klaus Wowereit, der bis 2014 die Stadt an der Spree regierte und nun statt Verwaltungsreformen gar eine Revolution im demokratischen Berlin fordert. Er hatte vorher dreizehn Jahre Zeit dafür …
Wahlen und Reisen in Zeiten der Pandemie
Written by Ekkehard HenschkeNun ist es endlich heraus, das vorläufige Wahlergebnis: https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2021/ergebnisse.html
Von den Dreikämpfern errang Olaf Scholz von der SPD einen Erfolg, den er vermutlich vor dem müden Wahlkampf selbst nicht erwartet hatte. Die eigentlichen Verlierer waren der Christdemokrat Armin Laschet, der von Angela Merkel nur mäßig „geliebte“ Erbprinz, und die auch politisch „grüne“, aber sehr schlagfertige Annalena Baerbock. Beide waren mehrmals ungeschickt in die Öffentlichkeit getreten. Das übliche Gerangel darüber, wer die Kanzlermehrheit im neuen Bundestag mit welchen Koalitionspartnern erreichen wird, hat begonnen. Die Öffentlichkeit wird sich gedulden müssen. Vermutlich wird Angela Merkel, im Ausland auch als „Weltpolitikerin“ zum Abschied gelobt, noch bis Ende des Jahres amtieren müssen.
Wer in Deutschland wahlkampfmüde geworden ist, wird wach, wenn er von den Schwierigkeiten des Reisens in der Zeit der Pandemie erfährt. Und er wundert sich, wenn er erfährt, wie viele Menschen dennoch den Ärmelkanal überqueren.
Wir in Oxford taten es Mitte August 2021 und haben es nicht bereut: Die deutsche Metropole Berlin, das Rheinland und die alte flämische Stadt Gent haben uns - bei gutem Wetter – dafür belohnt. Für die Hinreise mit dem Flugzeug (zum neuen, nüchternen Flughafen Berlin-Brandenburg) benötigten wir neben dem Reisepass den Nachweis über die vollständige Impfung (Covid-Pass). Für die Rückreise mit der Bahn (durch den Tunnel) von Gent, Belgien, über Brüssel nach London brauchten wir neben dem Reisepass und dem Covid-Impfpass: den Nachweis der unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung in UK (Settled Status), das bestätigte Formular der Visa- und Einreiseabteilung des UK-Innenministeriums (Public Health Passenger Locator Form) mit dem Nachweis über den gebuchten (englischen) PCR-Test (zwei Tage nach Ankunft in UK) sowie den Nachweis des (belgischen) PCR-Covid-Test (drei Tage vor Abreise).
Die Widersprüchlichkeit der Politik zeigte sich erneut sehr deutlich: Belgien und Deutschland wurden vom englischen Innenministerium als gelbes (Belgien) bzw. grünes (Deutschland) Risikoland betrachtet. Die aktuellen Zahlen der neuen Covidfälle zeigten dagegen UK eindeutig als besonders gefährliches Land aus: UK: + 29.323, Deutschland: + 5.682, Belgien: + 1.938 (Stand: 19.09.2021); https://www.worldometers.info/coronavirus/
Was bisher gar nicht in den Medien diskutiert worden ist: Wie können ältere Menschen, die sich nicht wie selbstverständlich in der digitalen Welt mit I-Phone und I-Pad zurechtfinden, die genannten Reisedokumente erwerben und aktualisieren? Mein Rat: im Rahmen des „Generationenvertrages über digitale Zusammenarbeit“ im Zweifelsfalle stets die benötigten Dokumente rechtzeitig ausdrucken…
Mauerbau in Berlin: Der 13. August 60 Jahre danach
Written by Ekkehard HenschkeEs war ein ungewöhnlicher Ort, an dem ich vom Mauerbau erfuhr: Ich fuhr als Salonjunge (Stewardlehrling) auf dem deutschen Frachter „Susanne Fritzen“, der Eisenerz von Narvik nach Deutschland brachte. Es war der Tag danach, am 14. August 1961, dass ich durch die gefunkte Bordzeitung von der unerwarteten Teilung der Stadt Berlin erfuhr. Die Regierung der DDR baute den „antifaschistischen Schutzwall“, um die massenhafte Abwanderung zu stoppen. Am Tag zuvor, am 12. August, waren laut Wikipedia noch 3.190 von Ost- nach West-Berlin geflüchtet. Zwischen 136 bis 245 Menschen – darunter 1962 der 18-jährige Peter Fechter – verloren bei Fluchtversuchen ihr Leben. Die 156 km lange Mauer um West-Berlin trennte auf lange Zeit viele Familien und bisherige Beschäftigte von ihren Arbeitsplätzen.
Heute vor 60 Jahren sei an den Schrecken erinnert, den ich wie viele Berliner bei dieser Meldung erlebte. Es klang zunächst unglaublich, dass diese schon seit 1945 viergeteilte Stadt nochmals – und dieses Mal durch eine Mauer – getrennt wurde. Berlin wurde das sichtbarste Zeichen für die Teilung Deutschlands in der Zeit des Kalten Krieges. Erst 1989 wurde diese Teilung beendet. Dies war das Ergebnis der friedlichen Revolution der Bewohner der DDR selbst, nachdem der ideologische und ökonomische Wettstreit zwischen dem Ostblock und dem Westen entschieden war und die geschwächte Sowjetunion auf Gewaltanwendung - anders als 1953, 1956 und 1968 - verzichtet hatte. Einen Tag, nachdem der Bundeskanzler es getan hatte, konnte auch ich - aus Stuttgart kommend - am 23.Dezember 1989 wieder durch das Brandenburger Tor gehen...
Zwei Jahre vor dem Fall filmte der kanadische Kameramann Jean Bergeron die Mauer, die Ost-Berlin von West-Berlin trennte. Dieser Bericht dokumentiert deutsche Geschichte:
https://www.youtube.com/watch?v=IaEkuPO89lc
Projecting Imperial Power - Darstellung der kaiserlichen Macht
Helen Watanabe-O'KellyHelen Watanabe-O'Kelly: Projecting Imperial Power
The nineteenth century is notable for its newly proclaimed emperors, from Franz I of Austria and Napoleon I in 1804 through Agustín and Pedro, the emperors of Mexico and Brazil in 1822 to Victoria, empress of India in 1876. Monarchs such as Napoleon III, Maximilian of Mexico, and Wilhelm I projected an imperial aura with coronations, courts, medals, costumes, portraits, monuments, international exhibitions, festivals, architecture, and town planning. They relied on ancient history for legitimacy whilst partially espousing modernity. Projecting Imperial Power is the first book to consider newly proclaimed emperors in six territories across three continents across the whole range of the nineteenth century.
The first emperors' successors - Pedro II of Brazil, Franz Joseph of Austria, and Wilhelm II of Germany - expanded their panoply of power, until Pedro was forced to abdicate in 1889 and World War I brought the Austrian and German empires to an end. Britain invented an imperial myth for its Indian empire in the 20th century, until George VI relinquished the title of emperor in 1947. The imperial cities of Berlin, Paris, Vienna, and New Delhi bear witness to vanished empires.
Ausstrahlung kaiserlicher Macht
Das 19. Jahrhundert ist für seine neu ausgerufenen Kaiser bemerkenswert. Auf Franz I. von Österreich und Napoleon I. im Jahre 1804 folgten im Jahre 1822 Agustín von Mexiko und Pedro I. von Brasilien. Im Jahre 1876 gewährte das britische Parlament Königin Victoria den Titel Kaiserin von Indien. Sie alle, sowie Napoleon III., Maximilian von Mexiko und der preußische Wilhelm I., produzierten eine kaiserliche Ausstrahlung durch Krönungen, Höfe, Orden, Gewänder, Porträts, Denkmäler, internationale Ausstellungen, Feste, Bauwerke und imperiale Städteplanungen. Sie beriefen sich auf die antike Geschichte, um sich zu legitimieren, und traten andererseits für einige moderne technische Entwicklungen ein.
Die Nachfahren der ersten Kaiser - Pedro II. von Brasilien, Franz Joseph von Österreich und Wilhelm II. von Deutschland - dehnten ihre symbolische kaiserliche Macht aus, bis Pedro zur Abdankung im Jahre 1889 gezwungen wurde und der Erste Weltkrieg das österreichische und das deutsche Kaiserreich beendete. Im 20. Jahrhundert erfand Großbritannien einen kaiserlichen Mythos für seine indische Herrschaft, bis Georg VI. im Jahre 1947 den Kaisertitel aufgeben musste. Die kaiserlichen Städte Berlin, Paris, Wien und Neu-Delhi sind Zeugen von untergegangenen Reichen.
Projecting Imperial Power ist das erste Buch, dass die kaiserliche Ausstrahlung dieser neuproklamierten Kaiser in sechs Territorien auf drei Kontinenten während des ganzen 19. Jahrhunderts vergleicht.
Corona, Flutkatastrophen in Westeuropa, Frust der Naturwissenschaftler und Griff der Milliardäre nach den Sternen
Corona, flooding in Western Europe, frustrated scientists and the billionaires‘ reaching for the stars
Politisches Versagen hat in der Corona-Pandemie anfangs überall fatale Folgen gehabt. Man denke an die USA unter Trump und Brasilien unter Bolsonaro. Dank der Forschungskapazitäten in einigen europäischen und asiatischen Ländern wurden in extrem schneller Zeit Impfstoffe entwickelt, die in einigen Ländern, z.B. dem kleinen Israel und dem riesigen China, zur Immunisierung des überwiegenden Teils der Bevölkerung geführt hat. Bei der Verteilung der Impfstoffe zeigte sich aber wieder einmal die Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern, aber auch die Ungleichheit innerhalb der wohlhabenden Länder selbst:
Indien, das nach China bevölkerungsreichste Land der Erde, wurde von der Pandemie vermutlich am allerstärksten getroffen. Von Afrika wissen wir es noch nicht. In Indien mit seinen 1,3 Milliarden Menschen hat es unter Modi groteske politische Fehlentscheidungen – und zugleich die schnelle Entwicklung eines eigenen Impfstoffes gegeben. Experten haben kürzlich geschätzt, dass dort die Corona-Todeszahlen zwischen 3 und 4,7 Millionen (Januar 2020 bis Juni 2021) die offiziellen Meldungen um ein Zehnfaches übertreffen. Die Bilder sprechen Bände; vgl. Associated Press vom 20.07.2021:
Wie sieht es im wohlhabenden Westeuropa aus, in dem die Pandemie noch keineswegs überwunden ist? Ähnlich wie die Klimaforscher, die die politisch Verantwortlichen zum Handeln auffordern, erhebt z. B. die amerikanische Wissenschaftlerin Devi Sridhar in Großbritannien ihre kritische Stimme. Sie warnt wie viele andere ihrer KollegInnen davor, angesichts der neuen Variante Delta die bisherigen Vorsichtsmaßnahmen aufzuheben:
https://www.zeit.de/gesundheit/2021-07/freedom-day-grossbritannien-corona-parade-inzidenz-infektion
Zu allem Überfluss plagen gegenwärtig erhöhte Corona-Krankenzahlen die britische Wirtschaft, die auf das verstärkte Testen auf Corona zurückgeführt werden. Zugleich werden weitere Auswirkungen des Brexits sichtbar. Bettina Schulz berichtet in der ZEIT vom 27.07.2021, wie sich Verzögerungen in der Logistikbranche durch die Zollabfertigungen negativ in den Regalen von Lebensmittelmärkten auswirken.
Ein Problem blieb den Briten bisher erspart: die vom Klimawandel beförderten Flutkatastrophen. Darunter stöhnen gegenwärtig einige westeuropäische Länder. Besonders in den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und im benachbarten Belgien haben flutartige Überschwemmungen zu etwa 200 Toten und Verwüstungen geführt. Trotz der großen Solidarität der Helferinnen und Helfer bleiben solche Bilder wie die von den Weinanbaugebieten an der Ahr haften:
Von Solidarität der Superreichen mit den Superarmen kann angesichts der Ereignisse wahrlich keine Rede sein. Dass dies gigantische Ego-Trips waren, bewiesen im Juli dieses Jahres zuerst Richard Branson (71), Chef der Virgin-Gruppe, und dann Jeff Bezos (57), Amazon-Gründer. Beide gaben Milliarden dafür aus, um allein bzw. in kleiner Begleitung für elf (!) Minuten schwerelos am Rande des Alls gewesen zu sein. Der Tesla-Autobauer Elon Musk (50) will noch folgen:
Der technische Fortschritt zeigt sich ambivalent: Die Menschen können einerseits zum Mond und Mars fliegen und in Rekordzeit Impfstoffe gegen Viren entwickeln:
https://www.hachette.co.uk/titles/sarah-gilbert/vaxxers/9781529369892/
Andererseits können die Menschen mit ihrem egoistischen Streben nach immer mehr Wohlstand ihren eigenen Untergang durch Klima- und /oder nukleare Katastrophen bewirken. Muss der Ausgang dieser Entwicklung wirklich offen bleiben?
Kurz vor dem offiziellen Sommerbeginn hat es schon heiße Tage hier in Oxford gegeben. Sowohl in der Themse als auch in dem kleineren Fluss Cherwell haben sich die Menschen bereits verschiedentlich abgekühlt. Die sogenannte Außengastronomie wird kräftig genutzt. Am 19. Juni setzte der Temperatursturz ein von 26 auf 13 Grad! Alle Restriktionen aufzuheben, verschob die britische Regierung um weitere vier Wochen auf den 19. Juli. Grund dafür waren die Sorgen um die aggressive Corona-Variante Delta, die die Zahl der Neuinfektionen auf 10.476 (18.06.2021) anwachsen ließ – trotz der großen Impferfolge mit 80 % (Erstimpfungen) und der vielen Tests. Deutschland zählte 1.284 neue, bestätigte Corona-Fälle bei einer Impfquote von 50 % (Erstimpfungen). Eben wegen der besonders ansteckenden Delta-Variante hat man in Berlin Großbritannien als Risikogebiet eingestuft. Mal sehen, wie sich das in der Urlaubszeit auf das Reisen auswirken wird.
Die Wirkungen der Pandemie hat der Fotograf Emilio Morinatti von Associated Press sehr eindrücklich festgehalten. Er hat zu Recht dafür den Pulitzer-Preis erhalten. Man kann ihm für diese traurigen Zeitzeugnisse nur danken:
Trotz alledem: Hier der Tipp für eine Reise nach Norfolk im Nordosten von England. Wir haben kürzlich einen Kurzurlaub von der Pandemie gemacht und mit der alten Bischofs- und (jungen) Universitätsstadt Norwich (143.000 Einwohner) angefangen. In der schmucken Altstadt mit der Kathedrale sollte man den Evensong (Abendgottesdienst mit Chorgesang) und das Grab der englischen Krankenschwester Edith Cavell (1865 bis 1915, in Brüssel von den Deutschen wegen Hochverrats erschossen) nicht versäumen; aber auch nicht die oberhalb davon gelegene Burg. Von den sogenannten Baedeker-Angriffen der deutschen Luftwaffe von 1942 hat sich die Stadt schnell wieder erholt. Unter den gastronomischen Ereignissen gefiel uns z.B. die Tapas in „Revolucion de Cuba“. Dagegen waren die zahlreichen zur Schau getragenen Tätowierungen oft Geschmacksache. Der zweite Teil der kleinen Reise galt zwei Naturschutzgebieten nahe der Küste mit Torfgebieten (the Broads) und dem Marschland, in dem Vogel- und Robbenbeobachter auf ihre Kosten kommen können. Wir kehren mit Sicherheit hierher zurück.
Auch darauf - die Geschichte holt uns immer wieder ein -, dass Deutschland nach der Reichsgründung sieben Jahre später, 1888, das sogenannte „Drei-Kaiser-Jahr“ erlebte. Dazu mehr und dass es zu der Zeit noch viel mehr Kaiser gab – in Europa und in Übersee - bei OUP:
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Pandemic in India - a human and political desaster
Written by Ekkehard HenschkeA Russian super airplane bringing medical drugs and devices to India hit by the third Corona wave. The BBC reports from Northern Ireland:
More aid is coming from Germany and other Western countries. The daily infections rate mounted to about 400.000. Oxygen for treatment and human resources are lacking. One of the hotspots is the state of Maharashtra with the megacity of Mumbai (Bombay) in the West. How is the famous charity ADAPT (formerly Spastic Society of India) providing physical and psychological treatment for handicapped children (mostly from its shanty-town Dharavi)? I am in contact with its staff:
"Hope you and the other people of ADAPT are safe. Please let me know how you are protecting the handicapped children in Dharavi. How is vaccination going on in Mumbai?
Best wishes from Ekkehard"
Answer from Varsha, deputy of Dr Mithu Alur, the charity's founder, on 07/05/2021:
Hi. We are all safe, thank you. Dr. Alur had started tele therapy and online teaching immediately so we are in touch with the children and young adults. Some have returned to their villages of course.... They've started vaccinating you above 18 now... Most of us have taken the first dose of the vaccine. Waiting for enough vaccines to be available for the second shot. Hope you and Helen are well... And have taken both the shots. Regards".
Good news only - nur gute Nachrichten heute!
Written by Ekkehard HenschkeHeute, am 20. April 2021, scheint in Oxford erneut die Sonne, es gibt blauen Himmel wie in Spanien und Italien. Wie sieht das Stimmungsbarometer aus? In Deutschland gibt es für die Bundestagswahlen im September endlich drei Kanzlerkandidaten: Armin Laschet (60; CDU: nach Kämpfen und Krämpfen), Olaf Scholz (62; SPD: altgedienter Genosse) und Annalena Baerbock (40; Grüne: die junge Herausforderin). Die gesetzliche Corona-Notbremse muss gezogen werden. Das Impfen und die Stimmung müssen endlich besser werden. Hier in Großbritannien scheint die Stimmung schon besser zu sein, sind doch die Infektionszahlen – anders als in Deutschland – dank der großen Fortschritte beim Impfen und Testen stark rückläufig: Die Sieben-Tages-Inzidenz lag gestern in Oxford bei 23. In der deutschen Partnerstadt Bonn liegt sie gegenwärtig bei 189.
Was liegt bei solchem Wetter daher näher, als sich mit einem Pint (0,6 l) Bier in den Liegestuhl zu legen und einmal von der Normalität aus der Zeit vor der Pandemie zu träumen? Dieser weltweit geschätzte Saft wird auch in England gebraut, in den Pubs wegen der Pandemie aber lange nicht mehr getrunken. Es gibt sowohl die großen Brauereien in London, z.B. das dunkelblonde „London Pride“ von Fuller’s Brewery, als auch viele kleinere englische Brauereien. Auch in Oxford und Umgebung gibt es die Kessel, in denen gutes Bitter (leichtes helles Bier), Lager (untergäriges Bier) oder verschiedene Sorten Ale (übergäriges Bier) produziert wird. Positiv überrascht war ich, als ich vor einigen Jahren in der Hafen- und Universitätsstadt Bristol eine Mini-Brauerei entdeckte, die gerade in einer Garage mit der Herstellung des Hopfensaftes begonnen hatte. Ich war begeistert und bekam zu meinem Geburtstag promptest eine Kiste mit Proben der gesamten Braukunstprodukte aus Bristol geschenkt. Die Namen und Aufmachungen verlockend: Darunter waren „Optimist“ der Bristol Beer Factory (Pale Ale), „Shangri-La“ (IPA, d.h. India Pale Ale) von Arbor Ales, „Nor’Hop“ (Ultra Pale Ale) der Moor Beer Company, „Time Lapse“ (Bitter) von Good Chemistry Brewing und „Hubble Bubble“ (Pale Ale) der Zwei-Mann-Firma Tapestry. Das letztgenannte Getränk erinnerte an die Hexenküche in Shakespeare’s „Macbeth“ erinnern. Im 4. Akt treten bei Donner die drei Hexen auf. Sie rühren in einem riesigen Topf und beschwören „Double, double toil and trouble/Fire burn and cauldron bubble!“ Wie dieses Gebräu schmeckte, wissen wir nicht. Das Bier aus Bristol - das weiß ich inzwischen – ist gut.
Europe’s vaccine mess/Europas Durcheinander beim Impfen
Written by Ekkehard HenschkeSo titelte am 16.03.2021 die NEW YORK TIMES in der Rubrik „The Morning“ von David Leonhardt. Und fuhr gleich fort: „Good morning. New coronavirus cases are declining in countries with high vaccination rates. Then there is Europe“/“Guten Morgen. Die Zahlen der Corona-Neuinfektionen sinken in jenen Staaten, die hohe Impfzahlen haben. Und dann gibt es (noch) Europa“.
Als die drei Besten werden Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Großbritannien genannt. Chile folgt inzwischen. Sogar in den USA gehen die Infektionszahlen zurück - parallel zur Steigerung der Zahl der Geimpften. Dagegen dümpeln die Impfaktionen in vielen EU-Ländern trotz steigender Infektionszahlen dahin. Sogar die Zeitung „BILD“ rief aus: „Liebe Briten , We Beneiden You!“:
Leider teilten die BILD-Journalisten ihren Lesern nicht gleichzeitig mit, wie katastrophal die britische Regierungspolitik seit Ausbruch der Pandemie ablief. Das hat Laura Kuensberg, die kritische BBC-Politikredakteurin den Briten aufgezeigt: https://www.bbc.com/news/uk-politics-56361599
Der Weckruf an die Europäer ist dringend erforderlich, da die Meldungen von Unzufriedenheit mit dem europäischen Schlammassel in einigen Ländern wie Italien, Spanien und Holland nicht zu übersehen sind. Ob der Ruf gehört wurde, als das Impfen mit dem AstraZeneca-Stoff plötzlich gestoppt wurde?
Warum verhält sich die deutsche Regierung, immerhin das geopolitische Kernland der EU, in der Impffrage so wenig pragmatisch und damit so wenig effizient, wie es wie die britische seit einigen Monaten tut?
Die Kritik an den Europäern von jenseits des Atlantiks ist berechtigt – ebenso wie die Kritik der Europäer an der Pandemie-Politik unter Präsident Trump berechtigt war.
Die Analyse der NYT nennt drei Ursachen:
Erstens: Es ist die überbordende Bürokratie („Too much bureaucracy“). Großbritannien, die USA und andere Länder beeilten sich, Verträge mit den Herstellern von Impfstoffen abzuschließen. Dagegen bemühte sich die EU-Kommission zunächst um Einigkeit zwischen allen 27 Mitgliedsländern, wie man solche Verhandlungen führen sollte. Dieser Prozess hatte Vorrang vor der Geschwindigkeit bei der Beschaffung der Impfstoffe.
Zweitens: Das Prinzip „Sparsam im Kleinen, doch verschwenderisch im Großen“ („Penny-wise and pound-foolish“). Die EU legte großen Wert darauf, in den Verhandlungen möglichst niedrige Preise für die Impfstoffe zu erzielen. Sie erreichte 15 bis 19 Dollar pro BionTech/Pfizer-Dosis und musste sich dann in der entstehenden Warteschlange hinten anstellen. Angesichts einer gewaltigen jährlichen Wirtschaftsleistung der EU wären die Ersparnisse bei den Impfstoffpreisen zu vernachlässigen gewesen, wenn man die Kosten eines einzigen neuen Lockdowns, z.B. in Italien, dagegengehalten hätte. Die Israelis zahlten, um den Stoff schnell zu bekommen, den Premium-Preis von 25 Dollar und erzielten bis jetzt eine Impfquote von 60 % (bei den erstmals Geimpften)!
Drittens: Die europäische Skepsis gegenüber dem Impfen („Europe is the world’s epicenter of vaccine skepticism“). In 19 Ländern wurden die Einwohner gefragt, ob der Covid-Impfstoff als sicher und wirksam anzusehen wäre. In China bejahten dies 89 % und in den USA 75 %. In Deutschland waren es dagegen nur 68 %, in Frankreich sogar nur 59 %. So war es kein Wunder, dass Deutschland und Frankreich so schnell den Einsatz von AstraZeneca mit dem Hinweis auf (sehr wenige, nicht genau untersuchte) Thrombose-Fälle stoppten.
Last but not least: Das „Licht am Ende des Tunnels“ – so wurde die schnelle Entwicklung von Impfstoffen und deren Nutzung bezeichnet – ist zwar noch klein in Deutschland (8,4 % bei den erstmals Geimpften), aber dort wenigstens nicht geringer geworden. Ein Beispiel für Erfolge beim Impfen sind Meldungen aus der Bundeshauptstadt. Z.B. diese aus dem eigenen Familienkreis. Mein Schwager schrieb begeistert von seiner zweiten Impfung: „Ich muss lobend erwähnen, dass es in Berlin sehr gut mit Hilfe von Militär und Studenten organisiert ist. Du wirst sogar kostenlos mit dem Taxi chauffiert, ein ganz toller Service. So hoffe ich, dass bald wieder etwas Normalität eintritt und dass man sich wieder etwas näherkommen darf.“ Es geht also doch, auch in der Hauptstadt, die so oft wegen ihrer Bürokratie kritisiert wird. Für alle EU-Mitgliedsstaaten muss jetzt – nach der erneuten Empfehlung des Impfstoffes AstraZeneca - die Devise heißen: „Nicht kleckern, sondern klotzen“: Werben für das Impfen, um Vertrauen wiederzugewinnen, und möglichst vielen Menschen den kleinen schützenden Pieks geben.
Übergangsgesellschaften 1871 – 1941 – 1951 – 1961 - 1991 - 2021
Written by Ekkehard HenschkeDie deutsche Geschichte ist wahrlich nicht arm an bedeutsamen Jahreszahlen. Daran soll erinnert werden. Die unten abgehandelte Erinnerung an die Reichsgründung von 1871 im besetzten französischen Königsschloss von Versailles: Es handelte sich um eine von Fürsten beschlossene nationale Einheit unter einem deutschen Kaiser; sie war sicher nicht die 1848 von deutschen Demokraten gewünschte. Nach Jahren des Friedens und der Prosperität kam der von deutscher Großmannssucht angezettelte Erste Weltkrieg mit nachfolgenden Krisen und dem Aufstieg des Faschismus. Zwei Jahre nach Auslösung des Zweiten Weltkriegs war 1941 das Jahr der ungebremsten deutschen rassistischen Aggression in Richtung Osten; es war zugleich Höhe- und Ausgangspunkt des Untergangs nationalsozialistischer Herrschaft im Jahre 1945.
Nur wenige Jahre später, 1951, wurde im sowjetisch bestimmten Teil Deutschlands der erste Fünfjahresplan zur Entwicklung der (sozialistischen) Wirtschaft begonnen. In dem von den Westalliierten bestimmten Teil Europas lief der amerikanische Marshall-Plan (European Recovery Program 1948-1951) auch für die (marktwirtschaftlich orientierte) Bundesrepublik aus.
Zehn Jahre später, am 13. August 1961, wurde die Mauer in Berlin errichtet und Deutschland noch sichtbarer geteilt. Ich erfuhr davon an Bord der TS "Susanne Fritzen", als ich mitten auf dem Atlantik die Bordzeitung las. Aber keine trennende Mauer der Welt hält ewig:
1989 rebellierten die Leipziger und Berliner erfolgreich auch gegen diese Mauer. Zwei Jahre nach dem politischen und ökonomischen Zusammenbruch der DDR beschloss der deutsche Bundestag im Jahre 1991 die Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin; damit wurde diese Stadt wieder Sitz eines vereinten, demokratischen Deutschlands.
Dreißig Jahre später, im Jahre 2021, ringen die Politiker in der prosperierenden, föderalen Bundesrepublik Deutschland um den rechten Weg aus der inzwischen weltweiten Corona-Pandemie. Die Viruserkrankungen beeinträchtigen das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben erheblich; viele Tote sind zu beklagen. Die sozialen und mentalen Folgen sind zur Zeit noch nicht abschätzbar. Was aber immer noch – nach über dreißig Jahren (formaler) Wiedervereinigung – erkennbar geblieben ist und zu denken gibt, das sind die zahlreichen Unterschiede zwischen den ost- und den westdeutschen Bundesländern und den Befindlichkeiten ihrer Einwohner. In dem Werk „ÜbergangsGesellschaft. Fotografien von Bernd Cramer 1985-2019“ (Halle 2019) meint Bernd Lindner in seiner Einleitung: „Das Gefühl „Deutscher zweiter Klasse“ zu sein, will unter den Ostdeutschen nicht weichen.“ Die große Chance im Übergang zu einer Gesellschaft nach der Pandemie liegt für die Deutschen darin, neben der wirtschaftlichen auch zu einer solidarischen, gemeinsamen mentalen Erholung aller in diesem Land Lebenden zu gelangen.